Tourismus-Werkstätten in Corona-Zeiten – geht das?
Covid-19
Tourismus-Werkstätten in Corona-Zeiten – geht das?
Covid-19 Qualität Innovation & Produktentwicklung Strategie
Mag. Werner Taurer
Managing Partner
Villach, Österreich
werner.taurer@kohl-partner.at+43 4242 21 123+43 664 33 73 213Zum AutorKaum ein Ereignis hat sich je so umfassend auf unsere Art zu Leben und zu Arbeiten ausgewirkt, wie die derzeitige Corona-Krise. Wo unser altes Weltbild plötzlich auf den Kopf gestellt wird, findet sich stets auch eine Chance, als Unternehmer:in den bisherigen Status Quo zu hinterfragen und weit über den Tellerrand der eigenen Geschäftsstrategien hinauszublicken. Die klassischen Muster von Angebot und Nachfrage verlieren ihre Gültigkeit und die Karten werden neu gemischt. Jetzt sind Köpfe gefragt, die dazu bereit sind, sich mutig dieser Herausforderung zu stellen und neue Lösungsansätze zu entwickeln.
Innovation im Tourismus: Von der Kür zur Pflicht
Zahlreiche aktuelle Studien belegen, dass durch Corona die Innovationskraft der Tourismusunternehmen eher gesunken als gestiegen ist. Die Hauptgründe sind, dass die Ressourcen bereits für die durchaus auch kreativen Lösungen bei Hygiene- und Sicherheitskonzepten eingesetzt wurden und die vorherrschende Planungsunsicherheit die Innovationsfreude stark gebremst hat.
Für Unternehmer:innen und Betriebe geht es aber gerade jetzt darum, die Potentiale in den sich ändernden Rahmenbedingungen zu erkennen und andere davon zu überzeugen, diese gemeinsam zu verfolgen. Dabei gilt es, kreativ zu werden und genau jene (oft knappen) Ressourcen zu nutzen, die gerade zur Verfügung stehen oder von strategischen Partner:innen eingebracht werden können. So herausfordernd sie auch sind: Die Lockdowns bieten hier die Gelegenheit und Zeit dazu, sich Gedanken zu machen und freie Kapazitäten zu nutzen.
Die interessante Frage ist hier nicht so sehr, ob Innovationen wirklich neu oder anders für die Branche sind. Viel entscheidender ist es, dass sie einen echten Mehrwert für Ihre Gäste bringen und damit auch mit all den neuen Umständen und Bedürfnissen am Markt wirkliche Relevanz besitzen.
4 Strategien für Service-Innovationen in der Krise
Abhängig von der individuellen Situation im Betrieb wirkt sich die Corona-Krise ganz unterschiedlich auf Unternehmen aus. Demnach gibt es auch bei den Reaktions-Strategien eine Bandbreite an Möglichkeiten – von kleinen Anpassungen im Angebot bis hin zu grundlegenden Veränderungen im Geschäftsmodell.
Die nachfolgend vorgestellten Strategien können daher nach zwei Gesichtspunkten beurteilt werden:
Daraus ergeben sich vier strategische Ansätze, die verfolgt werden können. Alle sind unabhängig von der Art Ihres Unternehmens anwendbar:
1) „Den Sturm aussitzen“
(Kurzer Zeithorizont/Geringes strategisches Ausmaß)
Service-Innovationen in diesem Segment sind eine Reaktion auf unmittelbare Kundenbedürfnisse. Bestehende Dienstleistungen werden angepasst, um den neuen Rahmenbedingungen zu entsprechen, ohne jedoch das grundlegende Geschäftsmodell oder die Strategie zu verändern. Dazu zählen z.B. Restaurants, die vorübergehend Take-Away-Services anbieten.
2) „Eine Veränderung im Kernmarkt gezielt nutzen“
(Langer Zeithorizont/Geringes strategisches Ausmaß)
Hierbei handelt es sich um Innovationen, die in enger Anlehnung an Ihr bestehendes Geschäftsmodell ein Kundenbedürfnis bedienen, welches voraussichtlich auch längerfristig bestehen bleibt. So kann ein Hotelbetrieb etwa virtuelle Yoga- und Sportklassen für Stammgäste auch über die Krise hinaus beibehalten, um Kundenbeziehungen zu stärken und freie Ressourcen im Personalbereich zu nutzen.
3) „Einen neu entstandenen Markt nutzen“
(Kurzer Zeithorizont/Hohes strategisches Ausmaß)
In diesem Fall werden die bestehenden Ressourcen und Kompetenzen einer Organisation genutzt, um eine neue Dienstleistung für potentielle Kund:innen anzubieten. Dabei werden neue Bedürfnisse angesprochen, die erst durch die Krise ausgelöst wurden und möglicherweise nicht darüber hinaus bestehen. So bieten etwa einige Übernachtungsbetriebe ihre Zimmer als temporäres „Home Office“ für Arbeitskräfte auf der Suche nach Alternativen an. Sobald Büros und Beherberger:innen regulär öffnen, wird sich auch der Bedarf auf beiden Seiten wieder ändern.
4) „Einen zukünftigen Markt vorhersehen“
(Langer Zeithorizont/Hohes strategisches Ausmaß)
Innovationen in diesem Bereich zielen auf langfristigere Veränderungen im Kundenverhalten ab und verlangen stärkere Anpassungen im Bereich der Ressourcen und Kompetenzen des betroffenen Unternehmens. So können sich Hotelbetriebe etwa bewusst dazu entscheiden, einen Teil ihrer Einheiten in Form von Serviced Apartments für Long-Stay-Aufenthalte anzubieten, digitale Lösungen für einen kontaktfreien Aufenthalt zu integrieren, über ihr Restaurant Partnerschaften für feste Essenslieferungen mit umliegenden Firmen zu schließen oder bewusst ihre Zielgruppen und Angebotspalette auf risikoärmere Nahmärkte umzustellen.
Trotz all der negativen Auswirkungen kann die Pandemie also auch als Impulsgeber verstanden werden. Durch sie wurde der Innovationsarbeit im Tourismus eine neue Energie und Richtung verliehen, wie es unter normalen Umständen wahrscheinlich nie passiert wäre. Diesen Ansatz greift auch die Plattform www.covidinnovations.com auf. Hier finden Sie über 1.000 Beispiele für Innovationen aus den unterschiedlichsten Branchen, die es sonst so nie gegeben hätte.
Letztlich gibt es für Führungskräfte drei zentrale Aufgaben, die in den kommenden Monaten – und auch darüber hinaus – fokussiert angegangen werden sollten:
In dieser Zeit der Unsicherheit zeigt es sich einmal mehr, wie entscheidend es für den unternehmerischen Erfolg ist, rasch auf veränderte Gästebedürfnisse zu reagieren. Nehmen Sie sich die Zeit, beobachten Sie die Geschehnisse über die Branchengrenzen hinaus und überlegen Sie, wo Sie genau jetzt mit Ihren vorhandenen Ressourcen ansetzen können.
Es ist was es ist – aber es wird, was wir daraus machen. Packen wir es an! #tourismlooksforward
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Das dargestellte Modell und die zentralen Aussagen dieses Magazinbeitrags basieren auf dem wissenschaftlichen Artikel „Reframing service innovation: COVID-19 as a catalyst for imposed service innovation“ von Heinonen & Strandvik (2020).