Lebensqualität
Destination
Touristische Organisationen sehen sich derzeit mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert. Ging es früher primär darum, Gästen die Vorzüge und Betriebe einer Region besonders schmackhaft zu machen und entsprechende Marketingaktionen zu setzen, ist Destinationsmanagement heute um einiges komplexer geworden. Der Fokus liegt nicht länger nur auf dem Gast, heute geht es darum, den Interessen und Bedürfnissen einer breiten Vielfalt an Stakeholdern gerecht zu werden, von A wie Ausflugszielen bis Z wie Zweitwohnungsbesitzer:innen. Während die Dynamik am Markt also laufend zunimmt, gilt es zugleich, ganz unterschiedliche und teils widersprüchliche Interessen miteinander in Einklang zu bringen und zwischen den Akteuren eine gemeinsame Linie zu finden.
In einer Studie wurden 14 Destinationsmanager:innen im Alpenraum dazu befragt, welche Zugänge und Methoden sie in der täglichen Berufspraxis einsetzen, um wirksame Führungsarbeit in ihren Regionen zu leisten und effektiv mit allen relevanten Interessensgruppen zusammenzuarbeiten.
In Verbindung mit neuesten Erkenntnissen der Führungs- und Tourismusforschung lassen sich daraus 12 konkrete Handlungsempfehlungen ableiten, die auch Sie in Ihrer Tätigkeit als Destinationsmanager:in unterstützen können:
1. Die ganzheitliche Perspektive der DMO nutzen:
Durch ihre regions- und unternehmensübergreifende Position in touristischen Netzwerken nehmen DMOs eine Sonderrolle ein. Sie erlaubt es ihnen, über Einzelinteressen und politische Grenzen hinweg zu denken und so Lösungsansätze aufzuzeigen, die anderen Akteuren verborgen bleiben.
2. Auf eine hohe Kundenorientierung setzen:
Da die einzelnen Leistungsträger teils sehr unterschiedliche Vorstellungen davon haben, welche strategische Positionierung den richtigen Weg für eine Destination darstellt, helfen eine laufende Marktforschung und starke Orientierung an tatsächlichen Gästebedürfnissen für Klarheit zu sorgen.
3. Die Destinationsmarke als geteilte Identität nach innen und außen stärken:
Ein starkes Markenversprechen hilft dabei, das gemeinsame Zielbild für alle Akteure greifbarer zu machen und Ressourcen zu bündeln. Je mehr die Produkte der Destination dem Markenkern entsprechen, desto sichtbarer und erlebbarer wird dieser auch für den Gast.
4. Stabile und dynamische Elemente der Strategieentwicklung abgrenzen:
In einem bewegten Umfeld sind Strukturen und klare Orientierungspunkte genauso wichtig wie Flexibilität und Innovationskraft. Daher gilt es genau zu definieren, welche Elemente der Strategie vorerst bleiben, und in welchen Bereichen laufend diskutiert und angepasst wird.
5. Entscheidungsprozesse bewusst gestalten:
Es ist wichtig Wege zu finden, um jene Akteure von Beginn an aktiv in Entscheidungen einzubinden, die später unmittelbar für deren Umsetzung nötig sind. Zusätzlich geht es um den Balanceakt zwischen zentraler Steuerung und weitgehend autonom agierenden Entscheidergruppen.
6. Arbeits- und Projektgruppen befähigen:
Hier werden Strategien in die Umsetzung überführt. Ziel ist es, mithilfe des DMO-Teams kleine Führungsnetzwerke in Form von eigenständigen Projektteams aufzubauen, in denen jeweils alle benötigten Stakeholder für ein Thema zusammen an dessen Weiterentwicklung arbeiten.
7. Eine positive Fehlerkultur pflegen:
Durch die Komplexität des Umfeldes von DMOs ist es zielführend, neue Ansätze und Produkte durch Pilotprojekte möglichst rasch am realen Markt zu testen. So werden früh wesentliche Erkenntnisse gesammelt und es können schnell Anpassungen vorgenommen werden. Damit Innovation gelingen kann, braucht es im DMO-Team und in der Gesamtdestination die entsprechende Fehlerkultur.
8. An einer konstruktiven Konfliktkultur arbeiten:
Wo viele Interessen auf engem Raum aufeinandertreffen, sind Konflikte vorprogrammiert. Entscheidend ist, sie nicht als Fehler im System, sondern als wichtige Lernfelder und Impulsgeber zu betrachten. Dafür braucht es Mut und ein hohes Maß an Sozialkompetenz im gesamten DMO-Team.
9. Die Führungsarbeit im DMO-Team verteilen:
Durch die Komplexität der Destinationssysteme ist es nicht zielführend, die Führungsrolle alleinig der Geschäftsführung zuzuschreiben. In Aufgabenfeldern wie dem Vermieter-Coaching und der Produktentwicklung bilden sich automatisch informelle Führungsnetzwerke rund um Mitarbeitende der DMO. Destinationsmanager:innen können diese gezielt nutzen, um den eigenen Einfluss zu erhöhen.
10. Die persönliche Entwicklungsfähigkeit laufend fördern:
Das Aufgabenfeld der DMO befindet sich im permanenten Wandel. Daher ist es für das gesamte DMO-Team essenziell, sich stets weiterzubilden und an der eigenen Entwicklungsfähigkeit zu arbeiten.
11. Gezielt die Perspektive wechseln:
Eine gemeinsame Entwicklung der Destination wird nur möglich, wenn zwischen Akteuren ein gemeinsames Verständnis und Vertrauen aufgebaut wird. Dazu ist es wichtig, sich gut in die Perspektive anderer hineinversetzen zu können und Problemstellungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.
12. Sich in Demut üben:
Destinationsmanager:innen müssen akzeptieren, dass Destinationen als komplexe soziale Systeme nicht direkt steuerbar sind. Sie können selbst nur die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen, die Letztverantwortung für Ergebnisse liegt nicht in ihrer Hand. Je eher sie dies annehmen und das persönliche Geltungsbedürfnis zurückstellen, desto besser können sie sich auf ihre tatsächlichen Einflussbereiche konzentrieren.
Gerade bei komplexen Problemstellungen gibt es keine einfache Standardlösung, die sich 1:1 auf jede beliebige Destination anwenden lässt. Der wirksamste Weg liegt darin, diese Impulse auf Ihre ganz individuelle Situation vor Ort und die damit verbundenen Akteure zu übersetzen und direkt in der Praxis anzuwenden. So erkennen Sie direkt, welche Ansätze für Sie persönlich am besten funktionieren.
Möchten Sie gerne tiefer ins Thema eintauchen? Eine ideale Gelegenhiet dazu bietet das Seminar „Wirksame Innen-Kommunikation in Destinationen“ gemeinsam mit Stephanie Zorn und Rita Einöder am 20. Oktober 2022.